2 in 1, Zusammenfassung und Komentar in einem Text, von Isabelle

hier mein Text ziemlich frisch von der Leber weg. Hätt ja eigentlich gern eine Datei eingefügt, aber nicht geschafft. Drum alles hier:


Zum Text von Otl Aicher, "visuelle Kommunikation, versuch einer abgrenzung"

Beginnen wir beim Titel und stellen wir uns diesbezüglich ein paar Fragen, die wir später beantworten können. Was möchte man von wem abgenzen? Wer grenzt ab? Wird versucht eine Isolation zu erreichen oder ist gar eine arrogante Haltung betont?
Aicher behandelt in seinem Text vordergründig den Übergang vom früheren Begriff der Grafik, zum aktuellen der Visuellen Kommunikation. Dies ist in seinem Falle naheliegend, weil er doch diese Wende, wenn auch zu Beginn unbewusst, selbst mitgeprägt hat. Doch wie kam dieser Begriffsabtausch zustande und was brachte er mit sich? Erst nach der Bezeichnung hat sich der Umgang (die "Methode") verändert, meint Aicher, wenn auch implizit. Denn wie der Verfasser erst die neue Bezeichnung und anschliessend die damit verbundene, aber nicht davon abhängige Ausführungsweise erwähnt, versteht man es als seine Ansicht, diese Dinge hätten sich auch in dieser Reihenfolge verändert. Dies scheint ein wenig absurd, aber genau betrachtet ist es nicht unmöglich. Ein Begriff kann veraltet oder verbraucht erscheinen, ohne dass sich an der bezeichneten Sache schon etwas geändert hat. Es ist gut vorstellbar, dass der Begriff sich nach den gesellschaftlichen Veränderungen, welche zweifellos eine andere Tendenz einnahmen, gerichtet hat, und die Ausführung (die Gestaltung an sich) nachhinkt.
Was Aicher aber eigentlich beschäftigt ist, dass diese Anpassung an den Begriff noch überhaupt nicht abgeschlossen ist. Im Gegenteil, sie sei bedenklich wenig fortgeschritten. Aber was soll sich seiner Ansicht nach denn verändern? Im Gegensatz zur Sprache, welche sich ja schon lange dem Bedürfnis der Gesellschaft angepasst hat, sei die Gestaltung noch nicht adäquat zum gegenwärtigen Weltgeschehen. Um dies zu sein wäre eine Abwendung von der Ästhetik notwendig. Diese sei weder glaubwürdig noch messbar, sowie rational nicht erfassbar und deshalb unbrauchbar für den Zweck (das Informieren), den sie erfüllen soll. Er fordert eine Abkehr von der Kunst zur Kommunikation. Dies meint ein Ausschöpfen der medialen Mittel, je nach Kontext. Hier sei jedoch zu bemerken, dass in der Kunst ebenso eine Entwicklung stattfand, die als Ziel hatte, sich von der Idee der Schönheit zu entfernen. Da allerdings, weil man sie als ein Mittel der Massenmedien betrachtete. (Aicher ja im Prinzip auch, er sagt dies aber nicht so deutlich.) Die Zeiten, wo Künstler die Industrialisierung noch als den ästhetikbringenden Fortschritt empfanden, sind vorbei. Man könnte also meinen, die von der Kunst verfolgten Ziele wären auch diejenigen Aichers und er schafft es selbst nicht, von der Kunst Abstand zu gewinnen. Zudem hängt er gewissen Medien an, sie würden anstatt Kommunikation Kunst betreiben und somit ihre Pflichten vernachlässigen. (Unter anderem sei das Bauhaus ein Ort solcher Verbrechen gewesen. Jedenfalls liest sich das zwischen den Zeilen.) Aicher glaubt beispielsweise, dass die Fotografie an Orten wo sie informativ sein sollte, durch Schönheit und Stilisierung den Rezipienten mehr blende, als mit ihm kommuniziere. Andererseits ist für ihn die Fotografie in der Kunst* am falschen Platz und schwäche die Wirksamkeit ihrer Hauptaufgabe, dem Berichten. (Abschnitt 7, 1. Zeile; "fotografie etwa will heute kunst sein" Er kann hier sowohl die Kunstfotografie meinen, welche in seinen Augen keine Kunst sein darf, als auch die Werbefotografie, die sich den Mitteln der Kunst bedient und somit unglaubwürdig sei. Dieser sprachlichen Unsorgfältigkeit wegen erlaube ich mir auch dieser Interpretationen.)
Es gäbe unter den kreativ Begabten und/oder Geschulten eindeutig zuwenige, welche ihre Verantwortung wahrnehmen. Sie wenden sich lieber dem Schönen als der Wahrheit zu. Wo Aicher anfangs den Begriff der "Visuellen Kommunikation noch als treffender beschrieb, verurteilt er ihn nun als den Inbegriff von fortschreitender Verblödung. (Abschnitt 10: "man trägt Begriffe wie Frisuren...")
Hier wären wir aber wieder beim Thema des Zusammenhang von Begriff und Gesellschaft. Das heutige Desinteresse an Selbstbestimmung beim Volk und die gewollte Steuerung der Kommunikation durch Firmen und Staat bedeutet beidseitige Zufriedenheit. Für den Begriff bedeutet dies, dass er ein Verhältnis beschriebt, dass funktioniert. Dem Bürger wird gezeigt was er schon immer wollte oder neue Bedürfnisse werden kreiert. Das zeigt, dass die Kommunikation funktioniert, egal ob der Sender der Information seine Verantwortung wahrnimmt oder nicht. Laut Aicher übernimmt diese niemand. (Ausgeschlossen ihm und seiner Anhänger natürlich.) Die Verantwortung liege ja eigentlich im Wort der Visuellen Kommunikation beschrieben (Abschnitt 15 "was das Wort sagt:..."), es werde nur nicht gesehen und so auch nicht ausgeführt. Was man verstehen müsste wäre, dass es nicht mehr um den Gegenstand und seine ästhetische und somit ansprechende Wirkung, sondern um das, was zwischen Zeichen und Betrachter stattfindet; der Transport von Information. Dieser kaum abschätzbare, in der Luft liegende Parameter bildet die Grundlage der heutigen Gestaltung, welche ein sehr feinfühliger Umgang mit Gesellschaft und Zeit voraussetzt.
Meist entsteht aber eine Verspätung, meint Aicher, und was man Zeitgeist nennt, ist eigentlich auch nur der Abklang ("Duft") des Gewesenen. Aus der vollen Flasche der Innovation schöpfte man Befriedigung, doch diese bleibt meist unentdeckt. Aicher ist also eher resigniert, als dass er einen motivieren würde, die Flasche zu finden.
Zur Beantwortung der offenen Fragen vom Anfang dieser kritischen Zusammenfassung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die "Abgrenzung" kann beispielsweise die von der Grafik und den bisherigen Vorstellungen von adäquater Gestaltung gemeint sein. Genauso jedoch kann die Visuelle Kommunikation, in ihrem Versuch keine Kunst zu sein, selbst eine Abgrenzung beinhalten. Allerdings ist an dem Wort in diesem Zusammenhang weniger etwas negatives festzustellen, sondern mehr eine skeptische Haltung und so einen eventuellen Erkenntnisgewinn durch genauere Betrachtung. Arrogant jedoch, scheint mir Aichers Essay trotz aller guten Einwände und Denkanstösse die er gibt. Irgendwie kommt das Ganze unvollständig daher, so dass der Text für mich an Standhaftigkeit verliert. (Dieser Unvollständigkeit wegen konnte ich vielleicht auch einen nahezu so langen Aufsatz wie der Grundlagentext verfassen.)


*Und wenn hier Kunst gesagt ist, soll es die Ausführung künstlerischen Absichten meinen. Für Aicher wäre dies, wie schon oben erwähnt, mit einer ästhetischen Intention verbunden.

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Otl Aicher - Allgemeines

- Wikipedia-Eintrag (DE)
- Wikipedia-Eintrag (EN)
- Linotype Biografie (EN)

- The Olympic Feats of Otl Aicher (Metropolis, 2.1.2007) (Interview mit Markus Rathgeb, Autor der diesjährig bei Phaidon erschienenen Aicher-Monographie)

Der Fotografie-Event des Jahres

Als ob es noch nicht genug war, dass ich es nicht zu Andreas Gursky's Ausstellung bei Matthew Marks in New York geschafft habe, habe ich nun den Mann selbst verpasst. Jawohl, Herr Gursky höchstpersönlich war am Samstag mit von der Partie als im Basler Kunstmuseum die Vernissage über die Bühne ging, welche ich ohne Bedenken zum schweizer Fotografie-Event des Jahres erkläre.
Während ich noch im Zug vom Semi-Finale des Zurich Open unterwegs war, sass Besagter anscheinend daneben, während die Eröffnungs-Rede um 17h in seinen Ehren im Kunstmuseum gehalten wurde. Bis ich um 18.30 Uhr angeeilt gekommen bin war er auch schon weg -- aber die Werke hingen noch, gottseidank (die Ausstellung dauert bis 24. Februar 2008). Was sich mir im obersten Stock des Basler Kunstmuseums darbot ist bestimmt einen zweiten Besuch Wert.
In Vorbereitung auf den bevorstehenden gemeinsamen Gang durch die magischen Kammern hier also nun eine Link-Sammlung:

- Ausstellungs-Seite des Kunstmuseums Basel
- Gursky Presse-Seite des Kunstmuseums Basel
- BAZ-Artikel vom 19.10.

- Wikipedia-Eintrag Andreas Gursky (DE)
- Wikipedia-Eintrag Andreas Gursky (EN)

- Pictures Worth 10,000 Words, at Least (NY Times, 2.2.2003) (Artikel zum Thema Grossformatige Fotografie)
- A Thousand Words? How About $450,000? (NY Times, 13.3.2005) (Artikel zum Thema Preise für Fotografien auf dem Kunstmarkt)

- Master of the Medium (Artforum, Okt. 2007) (Artikel über den dieses Jahr verstorbenen Fotografie-Mäzenen und ehem. Direktor der Fotografie-Abteilung des MoMA New York John Szarkowski) [online nur noch mit login erreichbar]

In der aktuellen Ausgabe von ARTFORUM gibt es auch zwei Artikel (einer davon von keinem geringeren als Thomas Struth verfasst) über den ebenfalls dieses Jahr verstorbenen Bernd Becher, bei welchem Andreas Gursky in Düsseldorf studiert hat (Interessenten dürfen sich von mir [mike] besagte Zeitschrift gerne für die Lektüre ausleihen -- sie sind Online leider nicht verfügbar)

W.J.T. Mitchell - Allgemeines

- Wikipedia-Eintrag
- W.J.T. Mitchell's Website

Video-Vorträge:
- "Cloning Terror: The War of Images from 9/11 to the Abu Ghraib Photographs" (QuickTime)
- "Offending Images" (RealMedia)
- "Totemism, Fetishism, Idolatry" (RealMedia)

Visuelle Kommunikation - H.K.Ehmer

Visuelle Kommunikation
Beiträge zur Kritik der Bewusstseinsindustrie
Herausgegeben von Hermann K. Ehmer
Verlag M.DuMont Schauberg


Mit der Einführung des Begriffs "Kulturindustrie" (Horkheimer/Adorno,1947) spätestens aber mit dem der "Bewusstseinsindustrie" (H.M. Enzensberger, 1964) hätte sich die Kunsterziehung – die sich stark auf Kunst fokussierte – gründlich revidieren müssen. Sie konzentrierte sich auf die Vermittlung der durch Produktion und Reflexion lehr- und lernbaren Fakten des Ästhetischen, wendete sich der modernen Kunst zu und rechtfertigte ihren Wert durch sich selbst.
Von der offensichtlichen gesellschaftlichen Bedeutung der visuellen Massenmedien wurde keine Notiz genommen.

Die musische Erziehung oder Kunstunterricht - Kunsterziehung überhaupt - sind falsch bzw. reichen so nicht mehr aus. Erstens da die Kunst als Produkt der Kultur- und Bewusstseinsindustrie sehr fragwürdig geworden ist; zweitens da die gegenwärtige medienorientierte kulturelle Wirklichkeit in der Vielfalt ihres visuellen Angebots, die Vermittlung eines kleinen Teiles - nämlich nur durch die bildende Kunst - nicht mehr als berechtigt erscheinen lässt.
Die hohe Dominanz an visuellen Massenmedien - Fotografie, Film, Fernsehen, Illustrierte, Werbung, Comics, etc. - und deren kaum absehbaren Ausmass an Wirkungen erfordern dringend eine kritische Auseinandersetzung.

Die Einführung einer "Medienkunde" reicht allerdings nicht aus, da eine solche sich nur mit dem technologischen Aspekt auseinandersetzt. Es geht gegenwärtig vielmehr darum unter Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung der Medien, den zukünftigen Empfänger visueller Informationen zu einem kritischen Verhalten zu befähigen. Das heisst die Entwicklung einer kritischen Mediendidaktik, die die Visuelle Kommunikation im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang zu ihrem Gegenstand macht.

Dabei geht es um die Vermittlung, dass heute herrscht, wer über das Bewusstsein der Massen verfügt. Um diesen Prozess zu verstehen besteht die Bedingung, sich mit den
Zusammenhängen zwischen der Abhängigkeit unseres Bewusstseins von der "Bewusstseinsindustrie" auseinanderzusetzen und dadurch auch über diejenigen, die über diese Produktionsmittel verfügen.

Kunst (als Artikulation und Transportmittel von Bewusstsein) kann in diesem Lernprozess keine Sonderstellung mehr beanspruchen, da sie ebenso nach den Regeln des kapitalistischen Marktes produziert und verkauft wird. Zudem muss sie sich zunehmend auch einer "Kritik der Verschleierung (der Realität)" stellen.

Um diesen Unterricht möglich zu machen bedarf es einer umfänglichen didaktischen Diskussion an der sich nicht nur Fachlehrer beteiligen.

Das Buch von H.K. Ehmer sieht seine Aufgabe darin, die Anfänge dieser Diskussion an einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und um diese zu beteiligen. Deshalb richtet es sich nicht nur an Fachleute, sondern an alle, die an aktuellen Fragen visueller Kommunikation interessiert sind und an diejenigen, denen auch die Aufnahme der Visuellen Kommunikation ins Schulprogramm als wichtig erscheint.

(Die Autoren wollen eine Auswahl von Inhalten, Problemen und Methoden zur Diskussion stellen, die bei den Bemühungen um eine solche kritische Mediendidaktik hilfreich sein könnten. Sie sind sich jedoch der Unvollständigkeit der Aspekte bewusst.)

Zusammenfassung Wikipedia

Visuelle Kommunikation

Unserer Ansicht nach ist der Begriff Visuelle Kommunikation weitläufig, da
die Grenze zwischen Design und Kunst nicht genau definiert werden kann. Die
Visuelle Kommunikation reicht so weit, dass gar die Gebärdensprache darin
integriert werden kann, was uns eher fragwürdig erscheint.
Kommunikationsdesign – was man als Teilbereich der Visuellen Kommunikation
bezeichnen kann – trifft unserer Meinung nach die Ziele unseres Studiengangs
genauer. In unserem Bereich ist die Gestaltung das zentrale Werkzeug zur
zielgerichteten Kommunikation.

Der wirtschaftliche Aspekt von Design und Kunst spielt heute eine zentrale
Rolle. Der Anspruch des Kommunikationsdesigns liegt darin, die Bedürfnisse
der Wirtschaft mit den Mitteln der Gestaltung zu befriedigen, während bei
der Kunst der Autor im Mittelpunkt steht.

http://www.woodt.li