Visuelle Kommunikation - H.K.Ehmer

Visuelle Kommunikation
Beiträge zur Kritik der Bewusstseinsindustrie
Herausgegeben von Hermann K. Ehmer
Verlag M.DuMont Schauberg


Mit der Einführung des Begriffs "Kulturindustrie" (Horkheimer/Adorno,1947) spätestens aber mit dem der "Bewusstseinsindustrie" (H.M. Enzensberger, 1964) hätte sich die Kunsterziehung – die sich stark auf Kunst fokussierte – gründlich revidieren müssen. Sie konzentrierte sich auf die Vermittlung der durch Produktion und Reflexion lehr- und lernbaren Fakten des Ästhetischen, wendete sich der modernen Kunst zu und rechtfertigte ihren Wert durch sich selbst.
Von der offensichtlichen gesellschaftlichen Bedeutung der visuellen Massenmedien wurde keine Notiz genommen.

Die musische Erziehung oder Kunstunterricht - Kunsterziehung überhaupt - sind falsch bzw. reichen so nicht mehr aus. Erstens da die Kunst als Produkt der Kultur- und Bewusstseinsindustrie sehr fragwürdig geworden ist; zweitens da die gegenwärtige medienorientierte kulturelle Wirklichkeit in der Vielfalt ihres visuellen Angebots, die Vermittlung eines kleinen Teiles - nämlich nur durch die bildende Kunst - nicht mehr als berechtigt erscheinen lässt.
Die hohe Dominanz an visuellen Massenmedien - Fotografie, Film, Fernsehen, Illustrierte, Werbung, Comics, etc. - und deren kaum absehbaren Ausmass an Wirkungen erfordern dringend eine kritische Auseinandersetzung.

Die Einführung einer "Medienkunde" reicht allerdings nicht aus, da eine solche sich nur mit dem technologischen Aspekt auseinandersetzt. Es geht gegenwärtig vielmehr darum unter Berücksichtigung der zukünftigen Entwicklung der Medien, den zukünftigen Empfänger visueller Informationen zu einem kritischen Verhalten zu befähigen. Das heisst die Entwicklung einer kritischen Mediendidaktik, die die Visuelle Kommunikation im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang zu ihrem Gegenstand macht.

Dabei geht es um die Vermittlung, dass heute herrscht, wer über das Bewusstsein der Massen verfügt. Um diesen Prozess zu verstehen besteht die Bedingung, sich mit den
Zusammenhängen zwischen der Abhängigkeit unseres Bewusstseins von der "Bewusstseinsindustrie" auseinanderzusetzen und dadurch auch über diejenigen, die über diese Produktionsmittel verfügen.

Kunst (als Artikulation und Transportmittel von Bewusstsein) kann in diesem Lernprozess keine Sonderstellung mehr beanspruchen, da sie ebenso nach den Regeln des kapitalistischen Marktes produziert und verkauft wird. Zudem muss sie sich zunehmend auch einer "Kritik der Verschleierung (der Realität)" stellen.

Um diesen Unterricht möglich zu machen bedarf es einer umfänglichen didaktischen Diskussion an der sich nicht nur Fachlehrer beteiligen.

Das Buch von H.K. Ehmer sieht seine Aufgabe darin, die Anfänge dieser Diskussion an einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und um diese zu beteiligen. Deshalb richtet es sich nicht nur an Fachleute, sondern an alle, die an aktuellen Fragen visueller Kommunikation interessiert sind und an diejenigen, denen auch die Aufnahme der Visuellen Kommunikation ins Schulprogramm als wichtig erscheint.

(Die Autoren wollen eine Auswahl von Inhalten, Problemen und Methoden zur Diskussion stellen, die bei den Bemühungen um eine solche kritische Mediendidaktik hilfreich sein könnten. Sie sind sich jedoch der Unvollständigkeit der Aspekte bewusst.)

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